ProfiTipp 2: Die Bedarfsanalyse

Viele Verkaufsgespräche beginnen mit der Beratung des Kunden. Aber wie will man eigentlich einen Kunden zielführend beraten, dessen Bedürfnisse man noch gar nicht kennt? Daher nicht vergessen: Bedarfsermittlung ist die Basis für jedes gelungene Verkaufsgespräch!

Ein guter Stammkunde kommt ins Autohaus, ein Neukauf steht an. Der betreuende Verkäufer freut sich, präsentiert eloquent und schon im Vorbeigehen das gerade als Facelift erschienene Sportcoupé. Die Optik, die vielen technischen Vorteile, die Testsiege, das Entertainment, die Farbe ... – und bemerkt nicht, dass sein treuer Sportwageninteressent ihm etwas verhaltener als sonst durch den Showroom folgt. Klar hätte er den gerne, sagt der Kunde nach einigem Zögern. Aber etwas mehr Kofferraum müsste es künftig wohl sein. Das wünscht sich seine Frau. Die übrigens gerade schwanger ist. Solche oder ähnliche „Beratungspannen” kennt wohl jeder Verkäufer. Sie erinnern einmal mehr daran, dass jedem Verkaufsgespräch nicht umsonst eine bestimmte Choreographie zu Grunde liegt: Eine Beratung beginnt eben nicht mit der Produktargumentation, sondern beim Kunden und dessen Bedürfnissen. Wünsche, die sich jederzeit ändern können - eine kleine Tücke bei Stammkunden. Gerade im Hinblick auf die drohende „digitale” Konkurrenz, die Selbstinformation und Selbstberatung von Interessenten via Internet, kann der Aspekt der Kundenorientierung entscheidend sein für den künftigen Erfolg des Präsenzhandels.

Im Interesse des Kunden

Bedarfsermittlung geht dabei nicht nur in eine Richtung: Welchen Bedarf ein Kunde tatsächlich hat, weiß dieser oft selbst nicht richtig einzuschätzen. Im Ausgangsfall mag der Stammkunde mit wachsender Notwendigkeit von Transport- und Sitzkapazität vielleicht an die klassische Lösung „Familienvan” denken – wenn auch mit wenig Begeisterung. Dass allerdings auch ein Mittelklasse-SUV alle Anforderungen seiner jungen Familie erfüllen und dessen Allradantrieb darüber hinaus den gern betriebenen Wintersport noch besser unterstützen würde, ist eventuell eine Erkenntnis, die dem Kunden selbst die Augen öffnet. Solche Momente im Verkauf, in denen eine gründliche Bedarfsermittlung zu einer für beide Seiten besseren Alternative führt (mehr Umsatz für den Verkäufer, größerer Haben-will-Faktor beim Kunden), sind unbezahlbar. Diese Erfahrung wird der Käufer nicht vergessen.

Daran scheitert es

Im Ausgangsfall hätte der Verkäufer mit einer Bedarfsermittlung seine Wertschätzung und Beratungskompetenz unter Beweis stellen können. Vermutlich hätte er noch elegant die Kurve gekratzt und der Kunde wäre einige Tage später glücklicher SUV-Besitzer geworden. Vermutlich. Umfragen zeigen allerdings, dass Aspekte wie die Eigenschaften eines Fahrzeugs, die die Erwartungen eines Kunden nicht erfüllen, in rund einem Drittel der Fälle der Grund für ein Scheitern des Verkaufs sind. Hier mangelte es offenbar an einer angemessenen Bedarfsermittlung (oder kein Produkt des Anbieters erfüllte die Ansprüche der Kunden). Drei Viertel der Verkäufer gaben zudem an, dass sich die im Verkaufsgespräch geäußerten Erwartungen der Kunden in den letzten Jahren generell verändert haben:
Die Kunden verfügen über eine größere Preistransparenz der Produkte im Markt und haben konkrete Vergleichsangebote. Was sie jedoch in der Regel nicht mitbringen, ist eine korrekte Analyse ihres Bedarfs. Denn dies kann ihnen das Internet nicht (oder nur sehr eingeschränkt) liefern:
Dazu sind viel Erfahrung und ein umfassender Überblick über das Produktspektrum nötig. Genau hier schlägt die Stunde des Verkaufsberaters. Die Chancen, die eine gute Bedarfsermittlung eröffnet, enden natürlich nicht bei der Auswahl des Fahrzeugtyps. Es geht weiter mit der korrekten Wahl des Antriebs (steht Dynamik oder Effizienz im Vordergrund, welche Strecken werden zurückgelegt, private oder gewerbliche Nutzung?) sowie der Auswahl von Ausstattung und Zubehör. Ist Wintersport geplant oder sollen auch mal Fahrräder transportiert werden?

Tipps zur Bedarfsermittlung

Diese Tipps helfen Ihnen dabei, den Bedarf Ihres Kunden optimal zu ermitteln.

1. Das Handlungsmotiv finden: Die Bedarfsermittlung ergründet, welches Problem ein Kunde hat. Bietet das Produkt die Lösung, gelingt der Verkauf.

2. Keine stereotypen Annahmen: Unbedingt mehrere Fragen stellen und nicht zu schnell ein Problem vermuten! Wer dabei falsch liegt oder in einen Monolog verfällt, wirkt nicht kompetent, sondern altklug.

3. Offene Fragen stellen: Informationsfragen sind dann gut, wenn der Kunde weder mit einem einfachen „Ja” noch mit einem „Nein” antworten kann.
Beispiel: „Was erwarten Sie von einem guten Auto?”

4. Selber reden ist Silber, zuhören können ist Gold: Zwei Drittel der Zeit sollte in dieser Phase der Kunde sprechen!

5. Zwei Seiten der Medaille: Wünsche sind die eine Motivation - Befürchtungen sind aber auch eine starke Triebfeder: Was darf nicht passieren? Wo gibt es Bedenken oder Kaufhindernisse?

6. Ergebnisse festhalten: Bestätigungsfragen („Haben Sie sich das so vorgestellt?”) sichern Erkenntnisse ab und führen zu ersten Teilentscheidungen.

Auf die Details kommt es an

Änderungen in der Lebenssituation können nicht nur die Auswahl des Produkts beeinflussen, sondern sich auch auf die Wahl der Finanzierung auswirken. Während der passionierte Stammkunde im Ausgangsfall früher vielleicht monatliche Raten von bis zu 500 Euro in Ordnung fand, sollten es künftig nicht mehr als 350 Euro sein, jetzt auch mit RSV. Vielleicht ist eine Finanzierung mit Ballonrate und einer Laufzeit von 36 Monaten dann ja genau das Richtige – mit der Option, das Auto nach drei Jahren gegen ein neues auszutauschen, falls sich der Bedarf nach Platz und Laderaum dann nochmals erhöht haben sollte.

Lesen Sie hier den akf ProfiTipp von unserem stellvertretenden Bereichsleiter Vertrieb Kfz-Handel, Oliver Wende.